In seinem Vortrag auf der 5. Fachtagung der Helvetius Holding AG am 03. Dezember 2021 in Zermatt referierte Dr. med. Jörg Zehetner (Professor USC) zu Reflux, Speiseröhrenkrebs und den Behandlungsmöglichkeiten. Anschaulich wurde dargestellt, wie sich Reflux zeigt und auswirkt, was ein Barrett Ösophagus bedeutet und wie der Weg weiter zum Speiseröhrenkrebs führt. Im Zentrum des Vortrages standen die operativen Behandlungsmöglichkeiten bei Reflux, bevorzugt das LINX-System und das RefluxStop-System. Abschliessend gab es einige Bemerkungen zum Zusammenhang von Übergewicht und Reflux. Bemerkenswert ist, dass die Swiss1Chirurgie der einzige Anbieter aller vier Operationsmöglichkeiten in der gesamten Schweiz ist. Den ganzen Beitrag lesen Sie hier.
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Der Zusammenhang zwischen Reflux und Speiseröhrenkrebs
Ein Vortrag von Dr. Med. J. Zehetner (Prof. USC) zur 5. Fachtagung der Helvetius Holding AG
Das Thema Reflux und Speiseröhrenkrebs ist ein sehr aktuelles Thema. Unter anderem in der GERD Awareness Week im November 2021 stellten führende Mediziner aus vielen Ländern der Welt klar, dass Reflux, als das chronische saure Aufstossen mittlerweile zu einer echten Volkskrankheit geworden ist und als Vorstufe zur Entwicklung von Speiseröhrenkrebs gelten kann.
Im Rahmen dieser GERD Awareness Week hatte Dr. med. Zehetner die Möglichkeit in mehreren Ländern der Golf-Region das LINX-Reflux-System vorzustellen. Dazu wird es im weiteren Verlauf des Beitrages einige interessante Informationen geben. Auf seiner Rückreise in die Schweiz hatte Jörg Zehetner die Möglichkeit, seinen italienischen Fachkollegen via Virtual Reality gleich zwei Reflux-Operationen zu demonstrieren.
In der Zusammenarbeit zwischen der Swiss1Chirurgie und der Gastroenterologischen Gruppenpraxis GGP wurde ein Reflux-Zentrum geschaffen, in dem die Patienten interdisziplinär versorgt und behandelt werden. Vom ersten Gespräch über die Funktionsdiagnose, vom eventuell notwendigen Eingriff bis zur Nachsorge leistet dieses Reflux-Zentrum wertvolle Arbeit im Sinne der Betroffenen.
Was ist saures Aufstossen?
Bereits in mehreren Vorträgen und Publikationen hat sich Dr. med. Zehetner mit dem Reflux beschäftigt. Die Refluxkrankheit ist eine Erkrankung des Sphinkters und des Zwerchfells. Normalerweise bildet der Sphinkter so etwas wie ein Ventil, das als anatomische Barriere zwischen Speiseröhre und Magen funktioniert. Damit wird verhindert, dass der saure Magensaft in die Speiseröhre aufsteigen kann. Der dehnbare Magen ist in der Lage, unterschiedliche Druckverhältnisse abzufangen. Das bedeutet auch, dass ein normal funktionierendes Verschlussventil diesen Druckausgleich unterstützt. Dieses Ventil arbeitet gemeinsam mit dem Zwerchfell und verhindert, dass saurer Magensaft in die Speiseröhre gelangt.
Liegt jedoch ein Zwerchfellbruch vor oder ist die Muskulatur des Ventils schwach, dann kann Magensaft oder Magensäure immer wieder in die Speiseröhre vordringen. Dieser gesamte Prozess wird in der medizinischen Fachsprache als Reflux bezeichnet. Hält dieser Zustand über mehrere Wochen, Monate oder gar Jahre an, wird der Schliessmuskel zwischen Speiseröhre und Magen zusätzlich geschädigt. Beeinträchtigt wird dann auch die Speiseröhre beziehungsweise die Transportfunktion der Speiseröhre selbst.
Wenn man weiss, dass im Magen nicht nur Magensäure, sondern auch Gallensaft, Pepsin und andere Stoffe vorhanden sind, ergibt das eine aggressive Mischung, die oftmals mit Säureblockern reguliert wird, aber dennoch zu Schäden an der Speiseröhre führen kann.
Was tun?
Es gibt eine gewisse Menge an konservativen Behandlungsmethoden, die je nach Ausprägung des Reflux helfend wirksam sein können. Dazu zählen unterschiedliche Diätansätze, bei denen es darum geht, bestimmte Lebensmittel zu vermeiden. Beispielsweise Knoblauch, Zwiebeln, fette Speisen, frittierte Speisen, Kaffee, dunkle Schokolade, Alkohol und Nikotin. Alles das sind Dinge, die eine Reflux auslösen können und entsprechend vermieden werden sollten. Damit geht natürlich eine Einschränkung einher, die auch eine gewisse Einschränkung der Lebensqualität bedeutet. Sicherlich lässt sich damit das lästigste Symptom des Reflux, nämlich das unangenehme Sodbrennen beeinflussen, eine funktionale Lösung oder gar Wiederherstellung des Normalzustandes ist das aber nicht.
Wir gehen davon aus, dass in etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung ein bis mehrmals in der Woche einen Reflux haben. Schätzungsweise sind es zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, die regelmässig mit Säureblockern aus der Apotheke dem sauren Aufstossen entgegentreten. Die Wirkung dieser Säureblocker kann in der Mehrheit der Präparate als gut eingeschätzt werden. Die Magensäure wird relativ gut neutralisiert, was einer Verätzung der Speiseröhreninnenwand vorbeugen kann. Der Reflux selbst wird als solcher mit Säureblockern jedoch nicht verhindert. Das bedeutet, dass trotz der Medikamente immer wieder Mageninhalt in die Speiseröhre aufsteigt. Die Säureblocker haben zudem auch keinen Effekt auf Gallensaft, pankreatische Enzyme und auch keinen Effekt auf die anatomische Funktion des Sphinkters und eines eventuell vorhandenen Zwerchfellbruchs.
Vom Barrett Ösophagus zum Speiseröhrenkrebs
Für etwa zwei Drittel der Patienten wirken die Medikamente gut, so dass sie praktisch beschwerdefrei sind. Für das andere Drittel bleibt schlussendlich nur der Weg zum Experten, wenn der Reflux erfolgreich und dauerhaft behandelt werden soll. Und selbst bei den Patienten, die mit den Präparaten gut zurecht kommen, kann sich über Jahre hinweg eine krankhafte Veränderung der Schleimhaut in der Speiseröhre herausbilden, die Behandlungswert hat. Solche Veränderungen, die in der Fachsprache als Barrett Ösophagus bezeichnet werden, sind sehr ernsthaft als Vorstufe von Speiseröhrenkrebs zu verstehen. Es besteht also Behandlungsbedarf.
Der Barret Ösophagus ist eine Folge von chronischem Reflux. Liegen also Veränderungen der Speiseröhrenschleimhaut in der Ausprägung eines Barrett Ösophagus vor, ist auch die Refluxkrankheit bewiesen. In einem solchen Fall muss der Gastroenterologe also nicht erst eine Säuremessung machen, da die Diagnose eigentlich schon klar ist. Dennoch kann eine Säuremessung durchgeführt werden wenn man wissen will, wie stark der Reflux ausgebildet ist. Zugleich lässt sich ermitteln, wie der Reflux auf die Gabe von Medikamenten reagiert.
Generell sind Männer von Reflux häufiger betroffen, als Frauen. Bemerkenswert ist, dass zehn bis 15 Prozent der Refluxpatienten nicht nur einen ausgeprägten Reflux aufweist, sondern bereits Veränderungen der Schleimhaut in der Speiseröhre in der Ausprägung des Barrett Ösophagus zu diagnostizieren sind. Bei diesen Patienten wird es in der Regel nicht ausreichen, lediglich mit der Gabe von Medikamenten zu arbeiten.
Den Barrett Ösophagus teilt man in drei Schweregrade ein. Diese Schweregrade orientieren sich an der Ausprägung der Dysplasie, die als anormales Zellwachstum zu verstehen ist.Nicht zu verwechseln ist die Dysplasie mit einem bereits vorhandenem Karzinom.
Die drei Schweregrade des Barrett Ösophagus sind:
- Intestinale Metaplasie ohne Dysplasie: Barrett-Ösophagus ohne sichtbare Zellveränderungen in der Speiseröhrenschleimhaut
- Geringgradige Dysplasie: Frühes Stadium von Zellveränderungen, die zu einem Speiseröhrenkrebs führen können
- Hochgradige Dysplasie: Die Zellen der Speiseröhrenschleimhaut zeigen deutliche Veränderungen, die als letzte Stufe vor einem Speiseröhrenkrebs bewertet werden
Je nach Schweregrad des Barrett Ösophagus steigt das Risiko einer Krebserkrankung deutlich. Besonders bei hochgradiger Dysplasie finden sich nicht selten schon erste Krebszellen, die schlussendlich zu einem Karzinom auswachsen können.
Die Risikoeinschätzung ist so zu verstehen: Bei Reflux steigt das Risiko an Speiseröhrenkrebs zu erkranken auf das 40fache. Bei Barrett Ösophagus erhöht sich das Risiko noch einmal um das 40fache. Weitere Faktoren wie Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum und Übergewicht sind weitere Risikofaktoren.
Generell unterscheiden wir zwischen zwei Formen von Speiseröhrenkrebs. Werden die tieferen Schichten der Speiseröhre von anormalen Zellen des Barrett Ösophagus befallen, sprechen wir von einem Adenokarzinom der Speiseröhre (EAC), der über die Speiseröhre hinaus streuen kann.
Eine zweite Form ist das Plattenephitelkarzinom, das generell jeden Teil der Speiseröhre betreffen kann, in der Regel aber im oberen oder mittleren Drittel der Speiseröhre verortet wird.
Etwas seit 1975 beobachten wir in Europa das vermehrte Auftreten von Adenokarzinomen. Das hängt damit zusammen, das in den letzten 50 Jahren weniger geraucht und Alkohol getrunken wird, was wesentliche Risikofaktoren für das Plattenephitelkarzinom sind. Besonders durch ungesunde Ernährung mit einhergehendem Übergewicht ist bei den Adenokarzinomen seit 1975 eine Steigerung der Fallrate um die 700 Prozent zu beobachten.
Behandlungsoptionen
In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde auf zwei klassische Behandlungsmethoden zurückgegriffen. Gemeint sind die Nissen-Fundoplicatio und die Toupet-Fundoplicatio. Beide Operationsmethoden gehen mit gewissen Nebenwirkungen einher. Das ist dann auch der Grund dafür, dass zwei neue Operationsmethoden entwickelt worden sind, die hier kurz vorgestellt werden sollen.
Das LINX-System
Praktiziert wird das LINX-System von Dr. med. Jörg Zehetner bereits seit etwa zehn Jahren. Dabei wird ein kleine Magnetkette als Ring um die Speiseröhre gelegt, die schlussendlich die Funktion des Sphinkters unterstützt oder vollständig übernimmt. Dabei handelt es sich um ein sehr dynamisches System, dass hervorragend auf die unterschiedlichen Druckverhältnisse am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen reagieren kann. Zu verwenden ist das LINX-System jedoch nur bei einer normalen Speiseröhrenfunktion. Der Vorteil ist, dass beim Einsatz des LINX-Systems die Patienten postoperativ völlig normale Diäten machen können und das Aufstossen von Luft genauso möglich bleibt wie das Erbrechen. Das mindert deutlich ein eventuell auftretendes Völlegefühl und auftretende Flatulenzen.
Breit angelegte Studien haben gezeigt, dass dieses System hoch wirksam ist. Dennoch kann es bei zehn bis 15 Prozent der Patienten mit LINX-System vorkommen, dass darüber hinaus zusätzlich Säureblocker genommen werden müssen. Das betrifft vor allem Patienten mit erhöhter Säureproduktion, solche mit Übergewicht und in einigen Fällen auch Patienten, bei denen das LINX-System nicht so gut funktioniert wie erwartet. Die Erfolgschancen liegen demnach bei 85 bis 90 Prozent. Weltweit wurden in den letzten zehn Jahren um die 50‘000 Operationen mit dem LINX-System durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass dieses System sehr sicher ist und nur sehr selten Komplikationen auftreten. Nur fünf Prozent der Fälle sind weniger erfolgreich verlaufen, bei denen das LINX-System schlussendlich wieder entfernt werden mussten. Diese statistischen Werte entsprechen auch dem, was Dr. med. Zehetner seit 2015 bei über 300 Operationen in Bern beobachten konnte.
Das RefluxStop-System
Erst seit zwei Jahren gehört das RefluxStop-System zu den neuen Operationsmethoden bei Reflux. Bislang hat dieses System den Status der Studie noch nicht überschritten. Das System unterscheidet sich grundsätzlich vom LINX-System, da es auch bei Patienten eingesetzt werden kann, die über keine normale Speiseröhrenfunktion verfügen.
Beim RefluxStop-System wird in einem ersten Schritt der Bruch am Zwerchfell repariert. Damit wird das Ende der Speiseröhre in den Bauchraum gelegt. Zusätzlich wird eine kleine Silikonkugel eingenäht, die wie ein Ventil funktioniert und den Sphinkter unterstützt. Der Eingriff als solcher ist etwas aufwändiger als das LINX-System, weil hier auch mehrere Nähte zwischen Speiseröhre und Magen zu setzen sind.
Möglichkeiten der Swiss1Chirurgie
Die Swiss1Chirurgie ist die einzige chirurgische Institution in der Schweiz, die alle gängigen Reflux-Systeme anbieten kann. Das macht uns zum versierten Anbieter solcher Eingriffe, die wir immer sehr individuell planen und durchführen.
Grundsätzlich teilen wir ein in Patienten mit normaler Speiseröhrenfunktion und solche mit gestörter Speiseröhrenfunktion. Daraus ergeben sich schon erste Rückschlüsse darauf, welches System eingesetzt werden kann.
Bei Patienten mit normaler Speiseröhrenfunktion und kleiner bis mittlerer Zwerchfellhernie ist das LINX-System das Mittel der ersten Wahl. Bei sehr grossen Zwerchfellhernien ist das LINX-System noch nicht ausreichend erprobt. Hier greifen wir auf die klassische Nissen-Fundoplicatio zurück.
Bei Patienten mit gestörter Speiseröhrenfunktion können wir je nach Grösse der Zwerchfellhernie wählen zwischen der klassischen Teil-Manschette und dem neuen RefluxStop-System. Die hintere Teilmanschette nach Jaques Dor setzen wir nur sehr selten ein.
Mit dieser Auswahl an Operationsmethoden können wir in der Swiss1Chirurgie praktisch für jeden Patienten die optimale Lösung finden und zum Einsatz bringen. Bemerkenswert dabei ist, dass nicht jeder Patient eine Reflux-Operation braucht. Es brauchen die Patienten eine Operation, die mit verfügbaren Medikamenten nicht ausreichend gut behandelt werden können.
Reflux und Übergewicht
Dargestellt werden soll noch einmal der Zusammenhang zwischen Reflux und Übergewicht. Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen chronischem Übergewicht, übermässiger Säureproduktion und dem Risiko von Reflux. Die Kombination von Übergewicht und Reflux begegnet uns entsprechend häufig. Diese Kombination macht operative eingriffe deutlich schwieriger bis unmöglich. Eine bariatrische Operation, beispielsweise der Magenbypass sollte dann weiteren Interventionen vorgezogen werden. Ist dann eine deutliche Gewichtsabnahme erfolgt, kann auch das LINX-System eingesetzt werden, sofern die Speiseröhrenfunktion normal ist.
Bemerkenswert ist, dass wir in einer Studie festgestellt haben, dass eine Schlauchmagenoperation den unteren Schliessmuskel an der Speiseröhre oftmals schwächt. In weiteren Studien erforschen wir, ob es hier einen klinischen Zusammenhang gibt.
Einen umfassenden Video-Mitschnitt zum Vortrag von Dr. med. Jörg Zehetner (Professor USC) können Sie hier sehen.
Neuer Standort der Swiss1Chirurgie im Wallis
Neu an dem 1.1.2022 – Bahnhofstrasse 20/22, 3904 Naters
Eine verbesserte chirurgische Versorgung im Wallis gibt es ab dem 1.1.2022 mit dem neuen Standort der Swiss1Chirurgie im Wallis in Naters. Mit ihren spezialisierten Leistungen baut so die Swiss1Chirurgie ihr Leistungsangebot aus. Eine gute Nachricht für Patienten ebenso wie für zuweisende Ärzte. Der neue Standort in Naters konzentriert sich bevorzugt auf die Vorsorge, Diagnostik und Nachsorge, während die operativen Eingriffe in Bern durchgeführt werden. Mehr zum neuen Swiss1Chirurgie Standort in Naters lesen Sie hier.